Perspectivia

([o. O. ][Potsdam ]den 4. Juni 1755

Meine teuerste Schwester.
Ich habe Ihren aus Florenz und aus Rom datierenden Brief kurz vor der Abreise ins Klever Land empfangen. Ich bin entzückt, meine teure Schwester, dass die Italienreise Ihnen Vergnügen bereitet. Es wird viel Zeit brauchen, bevor unsere derben deutschen Bauern Verse machen, wie die Florentiner; bevor unsere Maler den Paolo Veroneses und den Tizians gleichen; bevor wir hinreichend prachtvolle Paläste hätten, um mit der Zeit schöne Ruinen zu haben. Und ich glaube, dass alles dies erst eintreffen wird, wenn unsere Sonne die Kraft haben wird, die sie bei 36 Grad spüren lässt. Was mir am wichtigsten an Ihrer Reise ist, das ist Ihre Gesundheit. Ich wünsche von ganzem Herzen, dass die Mühen ihr nicht schaden mögen und Sie zurückkehren mögen in Ihre Heimat, mit einem Körper, der wenn schon nicht robust, so zumindest gesund ist. Ich bitte Sie sehr um Verzeihung, wenn ich Ihnen diesmal nicht mehr erzähle, aber ich muss abreisen. [… ]Ich umarme Sie von meinem ganzen Herzen, meine teuerste Schwester, und bitte Sie, mir zu glauben, dass ich der vollkommensten Zuneigung bin,

meine teuerste Schwester,
Ihr getreuester Bruder und Diener

Friedrich.)