Perspectivia

([Avignon]10. Dezember 1754

Voltaire hat an Adhémar geschrieben; der Brief ist anrührend. Er bittet mich um die Erlaubnis, hierher zu kommen. Ich glaube nicht, dass es aus Liebe zu meinen schönen Augen geschieht, dass er so viel Übereifer zeigt, um mich zu sehen. Er bildet sich vielleicht ein, dass er seine Gnade wiedererlangen wird. Ich werde ihm daraufhin nur antworten, was Sie wollen. Ich bezweifle, dass Sie planen, ihn wieder aufzunehmen. Nur in diesem Fall, würde ich zustimmen, dass er hierherkommen darf[ …]. Wenn die überlieferte Datierung korrekt ist, hatte Wilhelmine, als sie dies schrieb, Voltaire bereits in Lyon getroffen, von wo sie am 18. November abgereist war. {Siehe den Brief Voltaires vom 3. Dezember aus Lyon an Nicolas Claude Thieriot (1697–1772): «Le hasard, qui conduit les aventures de ce monde, m'a fait rencontrer au cabaret, à Colmar et à Lyon, madame la margrave de Baireuth, sœur du roi de Prusse, qui m'a accablé de bontés et de présents.» [„Der Zufall, der die Abenteuer dieser Welt leitet, ließ mich im Cabaret, in Colmar und in Lyon die Markgräfin von Baireuth, Schwester des Königs von Preußen, treffen, die mich mit Freundlichkeiten und Geschenken überhäuft hat.“] Cfr.: #6 Œuvres […] Voltaire, 1877-1883, hier: Bd. 38, Brief 2824: 294; vgl. auch Voltaires Brief v. 23. Okt. 1754 aus Colmar an Marie-Ursule de Klinglin, Comtesse de Lutzelbourg (1683–1765) #6 Œuvres […] Voltaire, 1877-1883, hier: Bd. 38, Brief 2804: 276: «Je vous avue que je ne m'attendais pas de passer huit heures de suite avec la soeur du roi Prusse à Colmar. Elle m'a accablé de bontés, et m'a fait un très-beau présant. Elle a voulu absolument voir ma nièce. Enfin elle n'a été occupée qu'a réparer le mal qu'on a fait au nom de son frère. Concluons que les femmes valent mieux que les hommes.» [„Ich sage Ihnen, dass ich nicht erwartet hatte, acht Stunden hintereinander mit der Schwester des Königs von Preußen in Colmar zu verbringen. Sie überhäufte mich mit Güte und hat mir ein sehr schönes Geschenk gemacht. Sie wollte unbedingt meine Nichte sehen. Schließlich war sie nur damit beschäftigt, den Schaden zu beheben, den man im Namen ihres Bruders angerichtet hatte. Die Schlussfolgerung lautet, dass Frauen besser sind als Männer.“ Zu M.-U. de Klinglin: #434 Inventaire Voltaire, 1995: 866 f.}
Friedrich II. wurde von Claude Étienne Darget (1712–1778) in einem Brief vom 24. Dezember 1754 über diesen Besuch informiert, der das Treffen jedoch in einem etwas anderen Licht darstellt. «M. de Voltaire a été à Lyon, au passage de M. le duc de Richelieu. Il a fait sa cour à madame la M…, qui l'a reçu froide men.» [„Herr de Voltaire war in Lyon, an der Passage von Herrn le duc de Richelieu. Er machte seinen Hof bei Madam M…, die ihn kalt empfing.“] {Cfr.: #4 Œuvres Frédéric, 1846-1857, hier: Bd. 20, Nr. 32: 62.}
Erweisen Sie mir die Gnade, die Antwort vorzuschreiben. Vielleicht wird ihn sein Unglück zur Vernunft gebracht haben und Sie ziehen daraus einen besseren Nutzen, als in der Vergangenheit. [… ]Ich will dafür nicht Bürge sein, aber ich würde es sehr wünschen, da Sie wohl irgendjemandes bedürfen, der Ihnen die Zeit vertreibt und Ihre kleinen Gesellschaften in Gang bringt.)